Schwarze Adler

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In dieser Dokumentation über deutsche Nationalspieler mit ...
 
... afrikanischen Wurzeln geht es gar nicht wirklich um Fußball. Es geht um Geschichten voller Hoffnung und Enttäuschung, es geht um Schmerz, Würde und noch mehr.
 
„Schön und kaffeebraun, sind alle Frau’n aus Kingston Town …“
 
Wer sich den aktuellen Kader des DFB-Teams ansieht, wird dort auch Spieler mit afrikanischen Wurzeln entdecken. Diese Spieler vertreten ihre Heimat. Bei Länderspielen laufen sie für ihre Heimat auf. Dieser Heimat sollte es doch gleichgültig, ob sie oder ihre Eltern hier geboren wurden oder ob die Spieler oder ihre Eltern sich dieses Land als Heimat erwählt und erarbeitet haben. Torsten Körners Film zeigt den schwierigen Weg dieser Sportler, die einigen Ewiggestrigen einfach nicht weiß genug für das weiße Trikot sind.
 
Bereits in seinem letzten Film, „Die Unbeugsamen“ über Frauen in der Politik der Bonner Republik, hat Regisseur Körner eine historische Entwicklung beschrieben, die noch lange nicht abgeschlossen ist. Und wie die Situation von Frauen in politischen Ämtern, mag sich auch für Sportler mit afrikanischen Wurzeln in den letzten Jahrzehnten einiges verbessert haben. Der Weg zu echter, selbstverständlicher Gleichberechtigung ist aber immer noch weit. Alltagsrassismus und offene Fremdenfeindlichkeit haben in vielerlei Hinsicht nur ihre Erscheinungsformen verändert.
 
So ist es natürlich furchtbar, wenn wir hören was Erwin Kostedde, Jahrgang 1946 und Sohn eines afroamerikanischen GIs, über seine Kindheit und Jugend zu erzählen hat. Man fühlt mit ihm, wenn er beschreibt, wie es ihm als erstem deutschem Nationalspieler mit dunkler Hautfarbe ergangen ist. Man möchte schreien, wenn man Ausschnitte aus einem Bericht über „Kinder amerikanischer Negersoldaten“ von 1957 sieht und hört, wie der Reporter über die „Makel“ dieser Kinder spricht. Und natürlich ist es skurril, wenn wir rassistische Fernsehsketches und Werbungen aus vergangenen Jahrzehnten sehen.
 
Aber wir sollten darauf achten, wie die eingeblendeten Jahresangaben bei den Archivbeiträgen im Laufe des Films ansteigen. Als Beverly Ranger in der „Sportschau“ mit einem rassistischen Schlager vorgestellt wurde, war der Zweite Weltkrieg auch schon Dreißig Jahre vorbei. Auf Jimmy Hartwigs Rassismusvorwürfe gegen den DFB wollte der Reporter in den Achtziger Jahren gar nicht erst eingehen. Und Anthony Baffoe musste und wusste noch in den Neunziger Jahren einem herablassenden und rassistischen Moderator Paroli zu bieten.
 
„Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan …“
 
Es ist die große Stärke von Körners Film, wenn wir unversehens über der jüngeren Vergangenheit in der Gegenwart gelandet sind und hören müssen, wie sich im 21. Jahrhundert nur wenig geändert hat. Patrick Ovomoyela durfte zwar 2006 am „Sommermärchen“ teilhaben. Aber zuvor setzte sich die NPD mit einem bundeweiten Flugblatt noch „Für eine echte NATIONAL-Mannschafft“ ein. Körners Film zeigt eine seiner wenigen Schwächen, wenn Ovomoyela zwar darüber sprechen darf, instrumentalisiert worden zu sein, aber nicht ganz klar wird, ob hier die NPD oder vielleicht auch der DFB gemeint war. Dass sich die rechtlichen Auseinandersetzungen dieser Affäre noch bis 2014 fortsetzen sollten und es also auch heute noch viel Mühe, Aufwand und Zeit kostet, Rassismus als solchen zu belangen, wird im Film nicht erwähnt.
 
 
Körner verzichtet in seinem Film darauf, Konsequenzen und Zusammenhänge aufzuzeigen. Zeitgeschichte wird nie erläutert. Wie so viele Strukturen der frühen Bundesrepublik, war auch der deutsche Nachkriegsfußball nur eine Fortführung der entsprechenden Organisation des Dritten Reiches. In Körners Film wird nie erwähnt, dass dort wo ein „Reichstrainer“ übergangslos zum „Bundestrainer“ wurde, keine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit stattfinden konnte. Historisches bildet in Körners Film bestenfalls den Hintergrund für Erlebnisse der Interviewpartner. Die Wende wird kurz erwähnt. Offener Rassismus der Fans in den Stadien von Cottbus und Rostock wird gezeigt. Aber nichts davon miteinander in Zusammenhang gebracht.
 
Körner lässt seine Interviewpartner erzählen. Er lässt Sportler aus drei Generationen ihre Erfahrungen mit uns teilen. Diese sind oft erschütternd, manchmal skurril und nie uneingeschränkt positiv. Spieler berichten, wie sie nach jahrelangem Training am Ziel ihrer Träume angelangt waren und erkennen mussten, wie vielen Menschen ihre Hautfarbe immer noch wichtiger war als ihr Können. Diese Sportler haben ein Leben lang auf ein Ziel hingearbeitet, nur um selbst in den Augenblicken ihrer größten Triumphe wegen ihrer Abstammung beleidigt und angegriffen zu werden.
 
Vielleicht ist das die eindringlichste Botschaft des Films: wenn die Ewiggestrigen es schaffen, herausragenden Sportlern die Höhepunkte ihrer Laufbahn zu verderben, wenn ängstliche, kleingeistige Menschen die größten Erfolge hart arbeitender Athleten mit ihrem Hass ruinieren können, dann kann diese pöbelnde Minderheit einfach alles zerstören. Sprechchöre und Beleidigungen sind auch Instrumente rechten Terrors. Und dieser Terror bedroht alles, was in diesem Land, in dieser Gesellschaft und auf dieser Welt gut und wertvoll ist.
 
 
Fazit
 
Jeder von uns sollte zuhören, wenn hier herausragende Sportler Geschichten von Hoffnung, Enttäuschung, Schmerz und Würde erzählen. Denn sie erzählen auch von der größten Gefahr, nicht nur für den Fußballsport, sondern für unsere ganze Gesellschaft. Ein guter und wichtiger Film.
 
 
Sendetermine:
 
Ab 19. April 2021 bei Amazon Prime und ab 18. Juni 2021 im ZDF.
 
 
Link zum Film >> dplus b
 
 

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Weitere Informationen

  • Autor/in: Walter Hummer
  • Regisseur: Torsten Körner
  • Drehbuch: Leopold Hoesch
  • Besetzung: Otto Addo, Gerald Asamoah, u.v.a.